04.2021 Ein neuer Trend: Wie Vegetarier die Circular Economy beschleunigen
In Deutschland lag der Marktanteil grüner Produkte im Jahr 2017 bei etwa 11% (neueste Zahlen; das sind 139 Mrd. EUR von insgesamt 1.300 Mrd. EUR BIP). Das Ziel eines höheren Marktanteils grüner Produkte ist es, im Jahr 2030 32% zu erreichen (= 404 Mrd. EUR).
- Wussten Sie schon?
- – Der Verbrauch von grüner Energie ist seit 2011 um 50 % gestiegen.
- – Nach der Einführung vertrauenswürdiger Umweltsiegel verdreifacht sich der Umsatz mit grünen Produkten innerhalb eines Jahres.
- – 82% der 15 – 29-Jährigen revolutionieren derzeit den Lebensmittelmarkt, indem sie weniger oder kein Fleisch essen.
- – 33 % davon sind erst seit 2020 Teil der Entwicklung.
- – Die Zahl der Forschungsarbeiten zu zirkulären Themen ist innerhalb weniger Jahre von 300 auf 3.000 Arbeiten gestiegen.
Zur Veranschaulichung (Marktentwicklung nur theoretisch):
Rein rechnerisch bedeutet das, dass jede dritte Person grüne Produkte zu Hause verwendet. Das ist doch ein ganz schönes Ziel, oder? Ist es machbar? Nah an der Realität? Oder aus der Luft gegriffen?
Der Sektor der erneuerbaren Energien könnte ein gutes Best-Practice-Beispiel sein, das man sich ansehen sollte. Derzeit ist der Marktanteil der grünen Energie seit 2011 kontinuierlich um 50 % gestiegen. Ein Beschleuniger war zweifellos die Reaktorkatastrophe von Fukushima im Jahr 2011.
Beschleuniger können helfen, den Marktanteil grüner Produkte in die Höhe zu treiben. Beschleuniger können ein Event, eine Bewegung, aber auch die grüne Kennzeichnung von Produkten sein, damit Kunden im grünen Dschungel der Buzz- und Trendwörter Orientierung finden. Beispiel ist hier das GOTS-Label, ein vertrauenswürdiges und prominentes Umweltzeichen. Studien zeigen, dass sich nach der Kennzeichnung von Produkten mit GOTS der Umsatz innerhalb von nur einem Jahr nach Einführung des Siegels verdreifacht hat.
Nach der Analyse erfolgreicher zirkulärer Produkte und Systeme wird ein Muster deutlich: Es muss ein Zeitfenster in Kombination mit einem Treiber geben.
Was hat es also mit weniger Fleisch zu tun? Und vor allem für die Circular Economy?
Die Circular Economy ist eine Antwort darauf, wie man auf diesem Planeten doch noch überleben kann. Die zukünftige Realität wird durch zirkuläres Denken und Verhalten gestaltet. Warum? Weil zirkuläres Denken in die aktuelle Realität eingebettet ist. Was bedeutet das? Es bedeutet, dass Theorien über nachhaltiges Leben einbeziehen müssen, dass nicht alle Menschen auf diesem Planeten plötzlich auf Annehmlichkeiten verzichten werden – eine Voraussetzung für manche Nachhaltigkeitskonzepte. Aber die Menschen wollen trotzdem modern leben und nicht ins Mittelalter zurückfallen.
Da kommt unsere Idee des Homo Circularis ins Spiel. (Wollen Sie mehr wissen? Hier finden Sie den ganzen Artikel).
Wie verhält sich ein Homo Circularis? Er repariert, statt zu entsorgen. Er baut Gemüse an, statt welches zu importieren. Er spricht über Suffizienz, Subsistenz und darüber, wie man ein gutes Leben führen kann. Er respektiert andere Menschen, den Planeten und andere Arten. Er isst weniger Fleisch und ist vielleicht sogar vegan. Hier ist Raum für Diskussionen, wie der Homo Circularis in einer zirkulären Gesellschaft leben würde, die die Grundlage für die Zukunft unserer Enkelkinder bildet.
Zukunft ist das Stichwort, über das wir sprechen sollten. Wird die künftige Generation, die gerade heranwächst und die das gesamte Leben, Glauben und Wirtschaften der Zukunft bestimmen wird, der Homo Circularis sein? Und wie wird sich die Corona-Krise auswirken?
Die Hoffnung scheint berechtigt: Der Fleischatlas 2021 des Bundesministeriums für Umwelt und Naturschutz hat hochinteressante Fakten zum Ernährungsverhalten der „Generation Hoffnung“ offenbart.
Doppelt so viele der 15 – 29-Jährigen leben vegetarisch und vegan im Vergleich zum Gesamtbevölkerungsdurchschnitt. Das bedeutet, dass insgesamt 13 % dieser Generation vegetarisch oder vegan lebt (10,4 % vegetarisch, 2,3 % vegan). Diese Entwicklung hat sich in den letzten zehn Jahren verdreifacht. Außerdem sind 25% Flexitarier und weitere 44% wollen den Fleischkonsum reduzieren. Insgesamt befinden sich 82% der 15 – 29-Jährigen in einer Umstellung ihrer Essgewohnheiten, um das Klima zu retten. Wahnsinn! Die Umfragen zeigen, dass Fridays for Future seit der ersten weltweiten Aufmerksamkeit im Jahr 2018 ein Katalysator war. Seitdem sind die Zahlen deutlich gestiegen und mehr als die Hälfte dieser Generation ist Fan der Bewegung. Es zeigt sich, dass sich dieser Trend innerhalb eines Jahres noch mehr beschleunigt hat. Der Großteil der befragten Zukunftsgeneration ist erst seit dem letzten Jahr Teil der Transformation geworden. Kann das auch mit COVID-19 zu tun haben? Wenn man die Ursache der Pandemie als Teil unserer Naturvergessenheit betrachtet, die zu Systemen führt, die nicht mehr im Gleichgewicht mit unseren Ökosystemen und unserer Gesundheit sind, könnte die Antwort ja lauten.
Wie auch immer, Circular Economy und zirkuläres Verhalten erfahren eine Beschleunigung, befeuert durch spezifische Katalysatoren. Offensichtlich besteht hier ein „Window of Opportunity“. Die zukünftige Generation fordert das System durch ihre Essgewohnheiten heraus. Da schafft die junge Generation gerade Schmerzpunkte, zeichnet Zukunftsvisionen, die zeigen, wie nachhaltiges Leben und Überleben funktionieren könnte und wozu sie bereit ist.
Auffällig ist, wie stark der Fleischkonsum mit politischen Einstellungen verknüpft ist. Wer weniger Fleisch konsumiert, will sich als Homo Circularis verhalten, nämlich umweltfreundlicher, ernährungs- und tierschutzbewusster. Bewusstheit ist ein großes Thema. Unter den Veganern sehen sich 75 % als Teil der Klimaschutzbewegung, unter den Vegetariern fast 50 %, unter den Omnivoren sind es nur 15 %. 42% der Vegetarier und 63% der Veganer engagieren sich gegen Lebensmittelverschwendung, bei den Allesessern sind es nur 29%. Unter den Vegetariern lehnen 92% die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie ab; unter denjenigen, die sich vegan ernähren, sind es 96%; unter den Allesessern 64%.
Offensichtlich ist der Fleisch- oder Nicht-Fleisch-Konsum inzwischen ein stark politisches Thema, keine private „Geschmackssache“. Die Vertreter der veganen Ernährung sind auch besonders an Ernährung interessiert, während die Gruppe, die alles isst, deutlich weniger Interesse daran hat. Die Befürworter der vegetarischen und veganen Ernährung sind deutlich nachhaltigkeitsorientierter und sehen sich auch als Vorreitergruppe eines nachhaltigen Lebensstils – oder des Lebensstils eines Homo Circularis?
Die Jugendlichen sehen den Staat in einer (Mit-)Verantwortung für eine nachhaltige Ernährung. Dementsprechend gibt es eine deutliche Zustimmung zu vielen, aber nicht allen der befragten politischen Instrumente, die einen nachhaltigen Konsum unterstützen könnten. Sie befürworten eine Klimakennzeichnung von Lebensmitteln und eine Verschärfung des Tierschutzgesetzes – ebenso wie eine verpflichtende Tierschutzkennzeichnung. Ein verpflichtender „Veggie-Day“ wird eher kritisch gesehen.
Die junge Generation könnte unsere neue Generation des Homo Circularis – oder „Generation Hoffnung“ – und ein klarer Beschleuniger für den Aufbau einer Circular Society und Circular Economy sein. Das Thema Lebensmittel ist das Thema der jungen Generationen. Aber natürlich ist die Circular Economy so viel mehr. Es geht um das Management all unserer Ressourcen und Massenströme in biologischen und technischen Kreisläufen.