Das Ende des Kapitalismus braucht eine Überlebenswirtschaft – ist sie der Beginn der Circular Economy?

Die Zeit der weltweiten zeitgleichen Krisen hat begonnen. Hat damit auch die Zeit eines ökologischen Notstandsregimes begonnen? Ulrike Herrmann, Autorin des im Kiepenheuer&Witsch Verlags erschienen Buches Das Ende des Kapitalismus setzt sich mit der Frage auseinander, welche Wirtschaftspolitik helfen kann, damit unsere Wirtschaftssysteme nicht kollabieren. Mich hat interessiert, wie Herrmann darin die Circular Economy einordnet. Kann die Theorie der Circular Economy zur Lösung der Krisen beitragen? Werden wir auf diesem Planeten überleben, wenn sie zur Anwendung kommt? Das habe ich dazu bei Ulrike Herrmann gefunden:

Herrmann wiederholt einige der Kernthesen, welche sie auch schon 2016 in ihrem Buch Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung beschrieben hat, deren Wiederholung sich aber lohnt. So stellt sie zunächst fest, welches Wesenselement den Kapitalismus und damit unser aktuelles Wirtschaftssystem am Laufen hält. Der Treiber von Wachstum sei danach die Neuentstehung von Kreditgeld. Schulden beschleunigen die Wirtschaft. Die Grundlage lieferten bereits die Assyrer in Babylonien, als sie die Kreditverträge und deren Handel damit erfanden. Herrmann begründet damit, warum es Sinn macht, die Schuldenbremse aufzuheben und ein Sondervermögen nach dem anderen einzusetzen, um z. B. die Energiepreiskrise zu bewältigen oder die Bundeswehr als starke Systeme zu unterstützen.

Kapitalismus ist kein Imperialismus

Aber Herrmann grenzt deutlich ab. Kapitalismus ist kein Imperialismus. Und sie begründet, wie beides mehr geschadet als genutzt hat. Aktuelles Beispiel für Imperialismus ist der russische Angriff auf die Ukraine. Dagegen hat uns der Kapitalismus den Klimawandel beschert.

Vor dem Hintergrund der Vision einer Circular Economy ist es wichtig zu verstehen, dass Wachstum zu Wohlstand beiträgt und so begründet sie ellenlang die positiven Effekte im Kapitalismus. Allerdings setzt sie voraus, dass das Ziel der Wirtschaft die Vollbeschäftigung ist, um alle Menschen ausreichen zu versorgen. Und hier setzt sie das erste sichtbare Unterscheidungsmerkmal, welches als Argument in der Circular Economy trägt. Ziel des Kapitalismus war niemals der Vollkonsum, welcher aber die Predigt einer Wegwerfgesellschaft darstellt und damit zur Vermüllung von Meeren mit Plastik oder der Atmosphäre mit C02 beiträgt. Vielmehr seien es die Rebound-Effekte, also die negativen Nebenwirkungen einer Industriegesellschaft gewesen, welche zu den Klima- und Umweltproblemen beitrugen. Hier kann ich nicht widersprechen.

Grünes Wachstum gibt es nicht

Und Herrmann stellt klar: Grünes Wachstum gibt es nicht. Der Begriff sei die Erfindung von Ralf Fücks, der den Begriff des „ökologischen Notstandsregimes“ nicht als hoffnungsfrohen Begriff einer Grünen Wirtschaft bedienen wollte. Eine Circular Economy, wie sie der Ökonom Mathias Binswanger beschreibt, kann jedoch funktionieren und uns Menschen im Einklang mit der Natur versorgen – auch ohne Rebound. Auf einem Niveau der Allgemeinwohlorientierung. Nur – wie kommen wir dahin?

Der Kapitalismus kann sich nicht in eine Wissensgesellschaft verwandeln, die in den virtuellen Welten des Internets floriert, stellt sie fest und zitiert Niko Paech, der kein Wirtschaftsmodell erkennen kann, bei dem die externen Kosten voll in die Währung eingepreist würden: „Einen C02-neutralen Euro, Dollar oder Yen kann es schon deshalb nicht geben, weil er den Anspruch auf materielle Werte verkörpert.“

Auch würden alle erneuerbaren Energien aus Wind, Wasser und Sonne nicht ausreichen. Ebenso wenig würden Speicher ausreichen, um unseren Energiehunger zu decken, womit die „Entkopplung vom Ressourcenverbrauch“ eine Fiktion bliebe.

Herrmann findet die Beschreibungen der Degrowth-Bewegung sympathisch. Jedoch geben diese die Circular Economy als Weg zur Gemeinwohlökonomie aus. Das sei falsch, denn die Circular Economy könnte lediglich als Vision einer funktionsfähigen Wirtschaft, welche im Einklang mit dem Planeten steht, beschrieben werden. Dazu zitiert sie Volkswirt Tim Jackson: „Bisher gibt es keine voll ausgearbeitete Makroökonomie für eine Postwachstumsgesellschaft“ und zeigt damit eine Wissenschaftslücke auf. Interessant ist hier, dass nie ein Ökonom eine funktionierende Makroökonomie beschrieben hat. Das ist weder Marx noch Milton Friedman gelungen. Ökonomische Beschreibungen haben aber immer Mängel des Realen offenbart.

Herrmanns Fazit ist, dass es eine „Überlebenswirtschaft“ bräuchte, die Krisenmanagement, Schuldenmachen und sozialen Ausgleich beherrscht. Als Beschreibung ökonomischer Instrumente und volkswirtschaftlicher Lösungen reicht das aber sicher nicht aus.

Mein Fazit der Thesen von Ulrike Herrmann ist: Das ganze Buch braucht eine Übersetzung, was in der Überlebenswirtschaft als legitim erachtet werden kann. Mir ist klar, dass die wirtschaftspolitischen Instrumente den Prinzipien der Circular Economy entsprechen müssen, sonst droht ein Rebound, wie z.B. der Klimawandel. In dieser Beschreibung liegt definitiv noch viel Arbeit für uns alle!

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